Keiner der 15 Auszubildenden, weder Tischler, noch Zimmerer oder Straßenbauer, wusste, was ihn oder sie erwarten würde, als sie sich für das zweieinhalb-wöchige Auslandsprogramm in Cambridge anmeldeten.
Es gab im Vorfeld zwei Treffen mit den für das Projekt zuständigen Lehrern Hr. Spauka, Hr. Niehoff und Hr. Claussen, (welche uns auch später im Ausland zur Seite stehen sollten) auf denen alles Rechtliche im Vorfeld geklärt wurde und wir einen Zeitplan, sowie den anderen wichtigen “Papierkram” für den Aufenthalt erhielten.
Doch sicher konnte sich niemand sein… “Werden wir neue Eindrücke gewinnen? Neue Menschen, kulturelle Unterschiede und vor allem andere Arbeitsmethoden und -organisationen kennenlernen“, wie es in der Zielsetzung des ERASMUS+-Programms so schön formuliert wurde?
Es blieb uns nichts anderes übrig, als es auf uns zukommen zu lassen und es herauszufinden.
Und so ging es am Montag, den 11.05. hochmotiviert (weil ausgeschlafen) am RBZ1 mit dem Charter-Bus los zum Hamburger Flughafen und von dort aus mit “easy-jet” weiter nach London-Luton. Nach erneutem reibungslosen Ablauf wartete dort schon ein Reisebus auf uns, der uns in dem eine gute Stunde entfernten Cambridge jeweils als Zweier-Gruppe bis vor die Haustüren unserer Gastfamilien brachte.
Nachdem jeder sein Schlafzimmer inspiziert, geduscht und zu Abend gegessen hatte, war der Anreisetag für die meisten auch schon vorüber. Einige wenige allzu Wissbegierige zog es jedoch am ersten Abend schon in Richtung Innenstadt, auf der Suche nach interkulturellen Unterschieden im Bereich der Gastronomie und Brauerei.
Gleich am nächsten Morgen trafen wir uns an unserer Partnerschule, dem Cambridge Regional College.
Mobil waren wir zunächst mit Busdauerkarten und nach wenigen Tagen hatten wir mit den Plänen den Dreh raus. Das College war groß, modern und unübersichtlich, doch nach kurzer Zeit waren die wichtigsten Orte für uns einfach zu finden. Nach kurzer Führung ging es auch schon los mit einem Sprachkurs. Begriffe und Standardsätze für unsere einzelnen Ausbildungsberufe, für tägliche Alltagssituationen und auch für die abendliche Etikette wurden erlernt. Auch Computer für visuelles Lernen standen bereit und wir wurden von den Lehrern begeistert eingewiesen.
Über die Tage lernten wir viel über das englische Ausbildungsprinzip, welches deutliche Unterschiede zu unserem aufweist, denn nur wenige englische Schüler haben das Glück während der Ausbildung praktisch in einem Handwerksbetrieb zu arbeiten. So kam es, dass wir bei praktischen fachspezifischen Aufgaben, bei denen wir Konstruktionsmodelle aus Holz bauten, den englischen Schülern ein oder zwei Nasenlängen voraus waren. Wobei unsere internationalen Kollegen auch relativ jung in die Ausbildung starten.
Eine Stadttour am Anfang der Woche, gut organisiert und informativ, hat uns sicherlich ein Stück weiter gebracht, um die Stadt kennenzulernen. Unzählige Universitäten, wie aus Harry Potters Hogwarts, ragten wie Paläste in den Himmel. Schon in frühen Jahren gaben englische Monarchen hohe Summen für die Universitätsstadt aus. Die meist aus Sandstein erbaute Stadt prahlte vor Pracht und hinter versteckten kleinen Gassen fand man immer wieder schöne Plätzchen. Schlussendlich landeten wir in einem traditionellen alt-englischen Pub, um die Atmosphäre von Gelassenheit und Geselligkeit zu genießen.
Am Freitag der ersten Woche besuchten wir die „Watford Building Research Exponation“, die auf einem großen Gelände energieeffiziente und neuartige Materialien, präsentiert in architektonisch interessanten Gebäuden, ausstellt. Auf diese Weise konnte man hinter einen Vorhang der Zukunft blicken und Ideen und Konzepte für eigene Umsetzungen aufnehmen. Diesen Nachmittag konnten wir mobil per Reisebus zusammen mit anderen englischen Auszubildenden verbringen.
Im College war ein Fitnessstudio, das wir nutzen durften, doch meistens haben wir unsere Zeit in einem der vielen Stadtparks verbracht, um uns die Sonne auf der Nase kitzeln zu lassen und die Stadt kennenzulernen. Unsere Gruppe war schnell gut organisiert und so waren auch nach Sonnenuntergang Ausflüge durch Cambridge, ein tägliches Suchen nach neuen Bekanntschaften und dem ein oder anderem Ale möglich. Tatsächlich hatten wir genug Freiraum, um die Stadt weiter zu erkunden. Gerade am Wochenende konnten wir größere Expeditionen starten, ob tagsüber in Kirchen, Museen oder Grünanlagen, oder nachts im englischen Nachtleben der lokalen Studenten. Wir tauschten die Buskarten gegen Fahrräder, um noch mobiler zu werden und so war jeder Ort der Stadt in maximal 30 Minuten erreichbar.
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Am Montag der zweiten Woche stand die Besichtigung einer Baustelle, genauer gesagt der im Bau befindlichen Erweiterung der „Millfield Primary School“ in Littleport, Ely, an. Wie gewohnt optimal organisiert und von der verantwortlichen Baufirma „COULSON Building Group“ sehr gut vorbereitet, erhielten wir eine Einweisung zum Stand des Baus, sowie eine Führung und ein Handout, was beides viele interessante Fragen aufwarf, welche von allen anwesenden Mitarbeitern gern beantwortet wurden.
Nach diesem gut durchdachten, äußerst lehrreichen Ausflug zum Wochenbeginn, sollten wir nun die nächsten Tage vornehmlich selbst zur Tat schreiten. Eine Projektaufgabe zum Thema Wandkonstruktion in der College eigenen „Smart-Life“ Bauhalle sollte in international durchmischten Teams in einem Wettkampf bewältigt werden.
Nachdem es sich die englischen Organisationspartner, die wie sie sich gern bezeichneten „very competative people“ sind, nicht nehmen ließen, den ersten Projekttag zur Motivation aller Beteiligten, mit einem Fußballturnier mit englischen und deutschen Teams zu beenden, ging es bei der Ausführung des Projektes sehr konzentriert und ehrgeizig zu und die Ergebnisse fielen sehr zum Wohlwollen aller Beteiligten aus.
Schließlich wurden die Gewinner ermittelt und erhielten einen netten Preis in Form einer Urkunde und eines engl. Zimmermannshammers.
Nach dieser Arbeitsleistung durften wir uns am Freitag dann wieder bei einer Führung durch das Sägewerk, sowie den Baustoffhandel des Unternehmens „Ridgeons“ etwas zurücklehnen.
Auch dieser Ausflug war erfreulich gut durchgeplant und es gab wieder viel Interessantes zu sehen, wie z.B. die Herstellung und benötigte Logistik, die den Produkten zugrunde liegen, die wir als Handwerker im Endzustand verwenden.
Mit dem Ende dieses Tages, waren auch die zwei Wochen des Schulaustausches abgeschlossen und die nächsten vier Tage standen wieder zur Entdeckung der Stadt und der Kultur zur Verfügung. So traf sich die eingespielte Truppe z.B. zum „Punting“, eine traditionelle Art des Bootfahrens auf der idyllischen Cam, zum Fußballgucken im Pub, oder zur Fahrradtour auf den „Castle Hill“, bevor es Anfang der dritten Woche auf einen Tagesturn nach London ging.
Nachdem wir in London das berühmte Haus der Freimaurer besichtigten, gab es neben der Tour zu den großen Sight-Seeing Events, netterweise angeführt von dem ortskundigen Hrn. Spauka, die Möglichkeit, auch selbst zu entscheiden, welche Facetten dieser farbenfrohen Metropole man sich anschauen wollte. So gingen einige auch zu einer „Street-Art“- Ausstellung oder schauten sich auf dem berühmten Camden Lock Market um.
Nach dieser Flut an Impressionen, traf es sich gut, dass der letzte Tag in Cambridge noch einmal freigestellt war, sodass jeder noch einmal Zeit hatte, Andenken zu besorgen, Sachen zu packen oder noch einmal mit der Gastfamilie zusammen zu sitzen.
Am Mittwoch, dem 27.05. war es dann soweit, die Reise sollte ihr Ende nehmen, ein letztes Treffen am CRC, Shuttleservice zum Flughafen in Luton und Abflug zurück nach Hause… .
Wie auf den folgenden Nachbereitungstreffen und Evaluationsformularen von allen Teilnehmern unmittelbar verzeichnet wurde, war dieser Austausch ein Erfolg auf ganzer Linie.
Einem jedem wurden durch die gut gewählten und vorbereiteten Exkursionen viele interessante und vor allem einmalige Einblicke gewährt, Ausbildungen und Arbeitsweisen innerhalb der EU konnten verglichen werden und zudem wurden soziale Kompetenzen und Sprachkenntnisse geschult.
Betrachtet man das im Hinblick auf eine immer stärkere Verzahnung der Arbeitsmärkte sowohl in der EU, als auch global, so ist die Teilnahme am ERASMUS+ Programm für jeden Auszubildenden eine eindeutige Bereicherung und lohnenswerte Erfahrung in der eigenen Entwicklung, ebenso aber auch infolge der gründlichen Evaluation, wichtige Informationsgrundlage für die Optimierung der Ausbildungen.
Jennik Schupp
Moritz Culemeyer